Hinter verschlossenen Türen: Das Porzellankabinett im Schlossmuseum Arnstadt
Innerhalb der weiteren Sammlungen, die das Schlossmuseum zu Arnstadt beherbergt, setzen kunsthandwerkliche Exponate aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die stärksten Akzente. Insbesondere zur Präsentation seiner Porzellansammlung ließ Fürst Günther I. von Schwarzburg-Sondershausen durch den Arnstädter Bildhauer Heinrich Christoph Meil im südlichen Seitenflügel des "Neuen Palais" ein Porzellan- und Spiegelkabinett errichten, welches 1735 im Wesentlichen fertiggestellt wurde.
Bemerkenswert ist die Geschlossenheit der ostasiatischen Porzellansammlung, die heute noch im Arnstädter Schlossmuseum am originalen Platz zu bewundern ist und in umfangreichem Maße chinesische und japanische Porzellane einer Sammelperiode, nämlich der des Fürsten Günther (reg. 1720-1740) umfasst, wobei anzumerken ist, dass in seiner Sammlung auch ältere Stücke Aufnahme fanden.
Inventarlisten von 1753 und 1786 geben eine gute Beschreibung sowohl der Ausstattung als auch der damals sich im Raum befindlichen Kunstgegenstände. Durch eine mit Gardinen aus grünem Taft eingefasste Glastür ging man vom Bilderkabinett in das Porzellankabinett, wobei beide Räume mit grün bemalter Leinwand ausgekleidet waren. Die Pilastergliederung des Raumes wird durch zahlreiche große und kleine Spiegel, eingefasst und großflächig flankiert von geschnitztem Bandelwerk aus Akanthuslaub, aufgehoben.
Als wucherndes Ornament überziehen die weißen, mit Gold abgesetzten Schnitzereien der Akanthusranken die Flächen zwischen den Pilastern und münden in insgesamt 763 blattähnlichen Konsolen, die zur Aufnahme des Porzellans dienen. Die zahlreichen Spiegel und die zur Galerie führende, verspiegelte Tür erhöhen den zwar großartigen, aber auch verwirrenden Raumeindruck zusätzlich. Bandelwerk erscheint ebenfalls als Stuckierung an der Decke des Raumes. Die Ecken der Längsseite mit der Eingangstür zieren zwei Kamine, vor denen Dorotheenthaler Fliesen in den Fußboden eingelassen sind. Zur Bekrönung der Arrangements wurden Wappenschilde und Schilde mit den Monogrammen des Bauherren und seiner Gemahlin angebracht. Fünf Trumeau-Tische in Weiß-Gold mit je vier geschweiften, geschnitzten Füßen bildeten die ursprüngliche Ausstattung.
Die Porzellansammlung im Wandel der Epochen
Betrachtet man die im Porzellankabinett aufgestellten Kunstschätze, so ist auffallend, dass sich der Charakter des Raumes im Verlauf des 18. Jahrhunderts anscheinend wandelte.
Erinnern trotz großer Mengen Porzellans 1753 noch zahlreiche Gegenstände aus Elfenbein, Bernstein, Achat, Marmor, Schildpatt, Holz, Glas, ein Mikroskop und Kuriositäten wie ein Straußenei und Horn vom Einhorn an alte Kunst- und Wunderkammern, so ist bis zum Ende des 18. Jahrhunderts der Bestand des Kabinetts im Wesentlichen auf Porzellan, Fayencen, Terrakotten und Specksteinarbeiten reduziert. Trotzdem beeindruckt die Fülle an ostasiatischem Porzellan, die schon 1753 vorhanden war: Neben einem Koffer mit 21 Teilen Wiener Porzellans, etwa 40 Serviceteilen und 70 Figuren aus Meißner Porzellan und Böttgersteinzeug lassen sich rund tausend Porzellane aus China und Japan im Kabinett nachweisen.
Erstaunen erregen über 200 Teeschalen, etwa 160 Kaffeetassen und etwa 130 Schokoladenbecher mit Unterschale, die überzeugend die neue barocke Mode des Tee-, Kaffee- und Schokolade-Trinkens demonstrieren. Auch die acht Vasensätze zu je fünf großen oder mittleren Vasen haben dem Porzellankabinett damals ein beeindruckendes Bild gegeben. Um die große Menge der Gegenstände zu fassen, mussten zahlreiche Porzellane auf, unter und neben den Tischen, auf Gesimsen und auch direkt auf dem Fußboden abgestellt werden.
Chinesisches und japanisches Porzellan
Da die Porzellane stets als zum Kabinett gehörig betrachtet wurden, sind sie trotz zahlreicher Räumaktionen bis in die heutige Zeit mit wenigen Verlusten als geschlossener Bestand erhalten geblieben. Den überwiegenden Teil bilden chinesische Porzellane um 1700. Einzelstücke umspannen die Zeit von der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bis etwa um 1740.
Aus der Kangxi-Periode (1662-1722) stammen die meisten und schönsten Stücke, die im Kabinett vertreten sind: Blau-weiß-Porzellane, Porzellane der grünen Familie, puderblau gespritzte und goldverzierte Gefäße, solche mit verschieden farbigen Glasuren und die Blanc-de-Chine-Figuren aus Dehua, meist mit europäischer Kaltbemalung.
Die Yong-zheng-Periode (1723-1735) ist vor allem die Porzellane der Rosa Familie vertreten. Porzellane aus Japan sind zwar zahlenmäßig die kleinste Gruppe im Bestand des Porzellankabinetts, durch die großen repräsentativen Vasensätze im Imari-Stil aber sehr markant. Wenige Stücke mit Kakiemon-Dekor ergänzen den Bestand an japanischen Porzellanen.
Böttger-Steinzeug und frühes Meißner Porzellan
Zur Porzellansammlung Günthers I. gehört auch eine Kollektion von Böttger-Steinzeug und früher Meißner Porzellane, u.a. ein fünfteiliger Vasensatz mit der AR-Marke, der somit für den persönlichen Gebrauch des Kurfürsten von Sachsen und Königs von Polen ausgewiesen war und ein Zeichen für die enge Beziehung des schwarzburgischen Fürsten zu August dem Starken ist, sowie - als exklusives Einzelstück - die Büste der Proserpina nach Giovanni Lorenzo Berninis Marmorgruppe "Der Raub der Proserpina".
Als vermutlicher Schöpfer dieser aus Böttgersteinzeug modellierten Arbeit ist der Dresdener Bildhauer Benjamin Thomae anzusprechen. Weitere erwähnenswerte Einzelstücke sind drei Walzenkrüge mit Chinoiserien (zwischen 1723 und 1727 entstanden), für deren Bemalung kein Geringerer als Johann Gregorius Höroldt, der bedeutendste Meister der deutschen Porzellanmalerei, zu benennen ist.